Mittwoch, 4. März 2015

Trisomie 21 / 3

Heute schreibt Kirstin mit Lenny

Hallo Grit, ich kann leider nicht so gut schreiben...reden liegt mir besser (solange es nicht über mich ist) ... jetzt kommt mein Text, hoffe es ist nicht zu chaotisch zu lesen

Mein Sohn, ich liebe Dich seit Du der zweite strich auf dem Schwangerschaftstest bist/warst. Am Anfang warst Du unser Böhnchen … als wir erfuhren dass Du ein Bübchen bist, haben Papa und ich uns sehr gefreut. Endlich einen Sohn nach zwei Mädchen. Papa bekommt Verstärkung!
Die Schwangerschaft verlief unkompliziert. Hin und wieder warst Du etwas kleiner und leichter als andere Babys in der jeweiligen Woche. Aber alles in Ordnung. Auch der Organschall in der 32 SSW besagte, dass alles in Ordnung ist.
Einen Tag nach unserer Hochzeit hatte ich nachts immer mal wieder Wehen. Einen Tag vor dem Entbindungstermin, exakt eine Woche nach der Hochzeit hörten diese nicht mehr auf. Papa war gerade los zur Arbeit. Ihn versuchte ich zu erreichen. Schlecht wenn er im Auto sitzt und fährt. Da Deine zweite Große Schwester noch zu Hause war und in die Schule musste, rief ich den „dicken Onkel“ an (der Papa von Deinen großen Schwestern). Er holte sie ab und bot auch an, mich zu fahren, sollte der Papa es nicht schaffen.
Aber Papa schaffte es… 40min später war er da, in der zwischen Zeit ist er mal ans Telefon gegangen. Ich sagte beim Frauenarzt den angesetzten CTG – Termin ab und wir fuhren ins Krankenhaus. Auf dem Parkplatz dachte ich, Du kommst jetzt, sofort. Aber wir schafften es noch in den Kreissaal und alles nahm seinen lauf.
Nachmittags um 15:28 warst Du da! Nackt, dreckig und weinend lagst Du auf mir. Und ich war schockiert. Hast Du doch rote Haare mitgebracht. Ich wollte doch Dir das ersparen, als Pumuckel beschimpft zu werden. Deine leicht geschrägten Augen störten mich nicht. Ein flüchtiger Gedanke „Lenny hat das Down Syndrom“ … das war es. Aber die Haarfarbe, damit musste ich mich arrangieren. Zum Glück hielt sich der Schockzustand nicht allzu lang.
49cm 3190g … wie Deine große große Schwester. Also nix ungewöhnliches … bei der U1 fragte ich, ob ich es richtig registrierte das Du etwas mehr mitgebracht hattest. Es hat nämlich niemand angesprochen. Die Hebamme war erleichtert dass ich es ansprach, sie und die Ärztin guckten nach weiterer Softmarker, wollten sich aber nicht festlegen. Da Du die Brust nahmst und  „normal fit“ wirktest, sah der Chefarzt der Kinderklinik keinen Grund zu kommen bzw. das Du verlegt werden müsstest. Also hatten wir die normale Zeit im Krankenhaus.
Zu Hause informierte ich mich, im Internet, über eine Freundin der Nachbarin (an dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Dich. Das Telefonat hatte mir sooooo geholfen!!!!) was das für uns bedeutet, dass Du das Down Syndrom hast. Stillprobleme konnte ich vergessen,
Oft las ich, wie andere Mütter traurig waren. Auch die Geschichte mit Holland las ich. Andere fühlten sich als würde der Boden weggerissen oder das sie das „verlorene“ Kind betrauerten. Ich fing an, an mir zu zweifeln. Mein einziges Problem welches ich hatte war deine Haarfarbe. Das Down Syndrom störte mich nicht im Geringsten. Auch nicht, als der Bluttest die Diagnose zwei ein halb Wochen später bestätigte. Du bist mein Sohn! Ich liebe Dich seit den zwei Strichen. Noch heute hab ich das Gefühl, mit mir stimmt was nicht. Warum war ich nicht traurig?
Weil ich keinen Grund habe traurig zu sein. Du bist toll! Auch wenn ich 20x „Nein“ sagen muss, weil Du wieder am Fernsehkabel bist. Ich werde halt noch 20x „nein“ sagen, so what. Musste ich bei Deinen Schwestern auch. (und heute noch, nicht wegen dem Kabel, wegen anderer Dinge)
Du bist jetzt 16 Monate. Du sitzt, Du isst vom Löffel. Seit zwei Wochen trinkst Du auch Tee. Magst sogar die Teeflasche selber halten. Du robbst durch das Wohnzimmer, vorwärts, rückwärts … egal. Katze im Weg, egal wird drüber gerobbt. Hund liegt im Weg, kann man am Schwanz ziehen.
In letzter Zeit lese ich viel von Eltern die ihr behindertes Kind bei der Leihmutter ließen, oder eine Frau die sich von ihrem Ehemann scheiden lässt, weil er den behinderten Sohn nicht weggibt. Das macht mich traurig. Denn Papa und ich, lieben Dich von der ersten Sekunde. Wir nahmen Dich an, so wie Du bist. Aber, ich tröste mich damit, dass diese Kinder leben dürfen. Sie haben die Chance auf eine tolle Familie, mit Menschen die sie annehmen und lieben, so wie wir Dich.
Denn 9 von 10 Kinder bekommen in unsere ach so toleranten, respektvollen und aufgeklärten Land leider nicht die Chance!



Gans herzlichen Dank, Kirstin und knutsch deinen Lenny mal von mir :)

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